Review Folge 2
AfD – „Keine Partei wie jede Andere“
Radikalisierung, Extremismus, Dammbruch. Es sind diese drei Begriffe, die das aktuelle Politikgeschehen links und rechts beschreiben. In Thüringen haben die Umstände der Ministerpräsidentenwahl die Landes- und Bundespolitik wieder an eine schwer zu beantwortende Frage geführt: Wie umgehen mit der AfD? In der zweiten CDU ClubNight sprach die Ex-AfD-Politikerin Franziska Schreiber mit Theresa Gröninger und Simon Zeimke über ihren Weg in die AfD, ihre Zeit in der Partei und über ihren Ausstieg.
- Aufgewachsen in einem „linken“ Elternhaus trat sie 2013 in die Alternative für Deutschland (AfD) ein, wurde kurze Zeit später Bundesvorsitzende der Jungen Alternative (JA).
- Die AfD-Politikerin trat 2017 aus der Partei aus und schrieb das Buch „Inside AfD“
- Bei der CDU ClubNight sprach sie über die Sozialisation innerhalb der Partei und darüber wie Kritiker systematisch mundtot gemacht werden.
- Den Erfolg der rechtspopulistischen AfD sieht Schreiber in der Instrumentalisierung von gekränkten Bürgerinnen und Bürgern.
Moderatoren & Gäste
Theresa Gröninger, Moderator
Simon Zeimke, Moderator
Franziska Schreiber
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Das war die Club Night mit Franziska Schreiber
Franziska Schreiber – die sich selbst als „echter Ossi“ beschreibt – gehörte zu dem artigen Mädchen von Nebenan. Mit Eltern und Großeltern gehörten politische Diskussionen zum Alltag und zu Kaffee und Kuchen wurde auch gerne mal Gregor Gysi als attraktives, intellektuelles Vorbild der Familie angehimmelt. Nazis kannte Franziska Schreiber nur aus dem entfernten Umfeld. Politisch geprägt und mit einer besonderen Affinität zur politischen Auseinandersetzung fand sie irgendwann den Weg in die Politik. Während sie sich mit 16 Jahren noch als „links“ beschrieb, kapselte sie sich im Laufe der Zeit mehr und mehr von der politischen Einstellung ihres Elternhauses ab. Sie „geriet ins Unternehmerische“ und engagierte sich für die FDP.
„Nährboden der Kränkung“
2013 gründete sich unter Bernd Lucke die AfD, die „viele Dinge angesprochen“ habe „und das Wichtigste: Sie hat provoziert“, so Franziska Schreiber. Sie selber war zu jenem Zeitpunkt „im Tiefsten“ ihres demokratischen Denkens erschüttert. Bernd Luckes Bild in Talkshows machte einen bemühten Eindruck und dennoch hätten viele politische Akteure unermüdlich versucht, ihn zu degradieren. 2013 war auch das Jahr, in dem sie schließlich in die Luckes Partei eintrat. Ein Jahr später – nach Zeiten aufreibender innerparteilicher Tätigkeit – wurde sie Vorsitzende der Jungen Alternative Sachsen. In den darauffolgenden Monaten und Jahren konnte die AfD, insbesondere im Osten, immer mehr Menschen mobilisieren. Aber warum? Franziska Schreiber beschreibt es bei der CDU ClubNight folgendermaßen: Die in Ostdeutschland lebenden Menschen seien „anfällig auf Fragen der sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit.“ Aufgrund der DDR- und Wendeerfahrungen auch dann, wenn es in einem tendenziell demokratiefeindlichen Rahmen kommuniziert werden würde. Und genau das wisse die AfD für sich zu instrumentalisieren.
„Die AfD versteht es auf Basis des Nährbodens der Kränkung Themen zu bespielen“.
„Die AfD versteht es auf Basis des Nährbodens der Kränkung Themen zu bespielen“. Bedingt durch diverse Verfehlungen nach der Wende, sei dies der zentrale Erfolgsgarant der AfD – insbesondere im Osten.
Noch kritischer als die Inhalte, die die AfD für sich nutzt, betrachtet Franziska Schreiber jedoch die Sozialisation in der Partei. Das zentrale Motto der AfD sei „Alles darf gesagt werden“. Tabubrüche seien Gegenstand einer intern vollumfänglich gelebten Meinungsfreiheit. Während die AfD nach Außen eine Sprachpolizei in Establishment und Medien kritisiere, verurteile die Partei intern jeden liberalen Kritiker von Tabubrüchen. Interne oder öffentliche Kritik durch AfD-Anhänger an Führungspersönlichkeiten wie Björn Höcke seien spätestens seit 2015 ein No-Go. „Die AfD ist definitiv keine Partei wie jede Andere“. Vielmehr erinnere sie an eine Sekte, in der Kritiker mundtot gemacht würden. „Treue und Verrat sind zentrale Begriffe“ in der internen Kommunikation, so Schreiber weiter. Es würden klare Feind- und Angstbilder geschaffen werden. „Der Untergang eures Landes steht bevor“ sei nur eines von unzähligen Beispielen. Besonders gefährlich sei das hochstrategische Vorgehen. Es gäbe ein riesiges Know-How im Social-Media- und Community Management. Die Maßnahmen haben nahezu missionarischen Charakter.
Was bleibt ist die Erkenntnis umzudenken
Gerade hinsichtlich der Geschehnisse in und um Thüringen warnt Franziska Schreiber die Parteienlandschaft. Vor allem aber eine Volkspartei wie die CDU dürfe in keiner Form Kompromisse eingehen. Das Verhalten der AfD hätte erkannt und strategische Maßnahmen hätten eingeleitet werden müssen. Am Ende komme es darauf an, mit Inhalten die AfD aus der Reserve zu locken.
„Die AfD hat bis heute kein Konzept zur Wende. Für eine Partei, die regelmäßig Gerechtigkeit anspricht, ist es erstaunlich.“
Die steigende Radikalisierung habe Franziska Schreiber schließlich zum Umdenken bewogen. Sie habe selber diverse Fehler gemacht und öffentliche Aussagen getätigt, die sie heute fragend zurücklassen. Die Dynamik in der Partei und das Streben nach Erfolg um jeden Preis, habe sie erschrocken, aber auch verleitet. Heute arbeitet sie ihre Zeit als ehemalige AfD-Politikerin in öffentlichen Veranstaltungen auf, erklärt das Verhalten der AfD und berichtet über die Sorgen der Wählerinnen und Wähler. Im August 2018 erschien ihr Buch „Inside AfD: Der Bericht einer Aussteigerin“
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